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MAKLERRECHT

ZUM BESTELLERPRINZIP BEI DER MAKLERPROVISION VON WOHNUNGSMIETVERTRÄGEN

Lange wurde über die Einführung einer derartigen Regelung nach deutschem Vorbild diskutiert, um potentielle Mieter bei der Suche einer Mietwohnung finanziell zu entlasten – mittlerweile ist es bereits seit fast einem Jahr auch fest im österreichischen Immobilienmaklerrecht verankert: das Bestellerprinzip bei der Maklerprovision von Wohnungsmietverträgen.

Was ist das Bestellerprinzip und wann ist es anwendbar?

Das Bestellerprinzip ist bei Verträgen mit Immobilienmaklern über die Vermittlung von Wohnungen seit dem 1. Juli 2023 anwendbar. Interessiert man sich hingegen für eine Büro- oder Geschäftsräumlichkeit oder aber auch für den Kauf einer Immobilie, kommt das Bestellerprinzip nicht zur Anwendung.

Beim Bestellerprinzip wird auf den Erstauftraggeber des Immobilienmaklers abgestellt, was im Regelfall der Vermieter sein wird. Das bedeutet, dass nunmehr der Immobilienmakler lediglich dann eine Provisionsvereinbarung mit einem Wohnungssuchenden abschließen darf, wenn dieser ihn zuerst mit der Vermittlung eines Wohnungsmietvertrags beauftragt hat und der Immobilienmakler die Wohnung anschließend auch erfolgreich vermittelt. Darüber hinaus kann ein Immobilienmakler gemäß dem Bestellerprinzip mit einem Wohnungssuchenden, selbst wenn dieser Erstauftraggeber ist, auch dann keine Provisionsvereinbarung mehr treffen, wenn eine maßgebliche Einflussmöglichkeit zwischen dem Immobilienmakler und dem Vermieter beziehungsweise Verwalter besteht.  Darunter werden beispielsweise eine Beteiligung, eine organschaftliche Verflechtung oder Ähnliches verstanden. Zudem entfällt die Provisionspflicht für den Wohnungssuchenden, wenn der Vermieter beziehungsweise Verwalter lediglich aus dem Grund Abstand vom Abschluss eines Maklervertrags genommen hat, damit der Wohnungssuchende als Erstauftraggeber zu qualifizieren ist. In Anbetracht der unzähligen Onlineportale für Immobilieninserate liegt ein weiterer und der vermutlich praxisrelevanteste Fall für den Entfall der Provisionspflicht für den Wohnungssuchenden vor, wenn eine Mietwohnung mit Einverständnis des Vermieters vom Immobilienmakler inseriert oder zumindest für einen eingeschränkten Interessentenkreis auf andere Weise beworben wird.

Auswirkungen des Bestellerprinzips auf die Wohnungssuche

Mit Einführung des Bestellerprinzips entfällt auch weitgehend die Doppelmaklertätigkeit der Immobilienmakler. Bislang wurden bei Immobilienmaklertätigkeiten zumeist zwei entgeltliche Verträge, einerseits zwischen dem Vermieter und dem Immobilienmakler und andererseits zwischen dem Immobilienmakler und dem Wohnungssuchenden, abgeschlossen. Die Doppelmaklertätigkeit ist durch das Bestellerprinzip allerdings nicht gänzlich beseitigt worden. Es besteht weiterhin die Möglichkeit, einen unentgeltlichen Immobilienmaklervertrag mit dem Wohnungssuchenden zusätzlich zum Auftragsvertrag mit dem Vermieter abzuschließen. Ein derartiger Vertragsabschluss ist jedoch nicht mehr verpflichtend vorgesehen. Folglich ist der Immobilienmakler nunmehr als Verhandlungsgehilfe des Vermieters anzusehen, wenn er keinen selbstständigen Vertrag mit dem Wohnungssuchenden abschließt. Dadurch hat sich bei einer derartigen Vertragskonstellation jedoch auch die rechtliche Position des Wohnungssuchenden verschlechtert: Unter Umständen bestehen vorvertragliche Sorgfalts- und Aufklärungspflichten des Immobilienmaklers nur mehr gegenüber dem Vermieter und nicht mehr gegenüber dem Wohnungssuchenden. Zudem kann sich der Wohnungssuchende auch nicht mehr auf die strengere vertragliche Haftung direkt gegenüber dem Immobilienmakler stützen, welche für ihn im Fall eines Schadens große Vorteile mit sich bringen würde.

Laut Angaben der WKO ist zudem als weitere Folge der Einführung des Bestellerprinzips auch bereits das Angebot an Mietwohnungen in Inseraten binnen eines Jahres um 37% zurückgegangen. Dadurch sei der Zugang eines Wohnungssuchenden zu einer potentiellen Mietwohnung und auch zu Informationen darüber erheblich beeinträchtigt worden. Dabei hätte die Regelung vor allem auf den Wohnungsmarkt in Wien große Auswirkungen auf die Wohnungssuche, da hierzulande ein besonders hoher Anteil an Mietwohnungen am Markt sei.

Ausgestaltung eines Mietanbots unter Berücksichtigung des Bestellerprinzips

Vermehrt finden sich auch in Mietanboten immer wieder Versuche das Bestellerprinzip beispielsweise unter dem Titel einer Vertragsstrafe oder Ähnlichem zu umgehen. Derartige Klauseln sind jedoch meistens nichtig, da oftmals an anderer Stelle im Mietanbot vom Immobilienmakler bereits auf die Doppelmaklertätigkeit verzichtet wurde und der Immobilienmakler sohin ausschließlich einseitig für den Vermieter tätig geworden ist, wodurch nie ein Vertrag zwischen dem Immobilienmakler und dem Wohnungssuchenden abgeschlossen wurde. Eine theoretisch denkbare Möglichkeit eine entgangene Provision durch Absprung des Wohnungssuchenden nach Unterzeichnung des Mietanbots geltend zu machen, wäre die Vereinbarung einer Rücktrittsgebühr im Mietanbot im Sinne des Reuegelds gemäß § 909 ABGB, wobei diesbezüglich nur der Vermieter der Begünstigte sein könnte, der den Anspruch an den Immobilienmakler abtreten müsste. Da es sich beim Bestellerprinzip um eine neue Regelung handelt, sind derartige Ausgestaltungsformen noch ungewiss und bleibt diesbezüglich noch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abzuwarten.

Céline Dobnikar

Mai 2024

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