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MIETRECHT

Rügeobliegenheit des Mieters bei befristeten Mietverträgen

Nach § 16 Absatz 8 des Mietrechtsgesetzes (MRG) sind Vereinbarungen über die Höhe des Mietzinses insoweit unwirksam, als der vereinbarte Hauptmietzins den gesetzlich zulässigen Höchstbetrag überschreitet. Eine entsprechende Herabsetzung des Mietzinses ist vom Mieter binnen drei Jahren ab dem Zeitpunkt der Mietzinsvereinbarung (siehe z.B. OGH 8.3.2011, GZ 5 Ob 166/10p) gerichtlich bzw. vor der Schlichtungsstelle geltend zu machen. Bei befristeten Mietverhältnissen beginnt diese Frist nach § 16 Absatz 8 Satz 2 MRG allerdings frühestens sechs Monate nach Beendigung des Mietvertrages bzw. nach dessen Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis. Zweck dieser Verlängerung der Präklusivfrist bei befristeten Mietverträgen ist, den Mieter nicht zu einer gerichtlichen Mietzinsüberprüfung zu zwingen, solange er sich gegenüber dem Vermieter insofern noch in einer „Drucksituation“ befindet, als er auf dessen Zustimmung zur Verlängerung des befristeten Mietvertrages angewiesen ist. Dem steht wiederum § 15a Absatz 2 Satz 3 MRG gegenüber, nach dem die Nichtbrauchbarkeit eines für die Höhe des Mietzinses ausschlaggebenden Ausstattungsmerkmals der Wohnung oder speziell das Fehlen einer Badegelegenheit nach zeitgemäßen Standard nur dann für eine allenfalls niedrigere Einstufung der Wohnung im Kategoriesystem des § 15a Absatz 1 MRG (Kategorie A bis D) zu berücksichtigen ist, wenn der Mieter die Unbrauchbarkeit oder das Fehlen des zeitgemäßen Standards dem Vermieter gegenüber angezeigt bzw. gerügt hat und dieser den „Mangel“ nicht in angemessener Frist, höchstens aber binnen drei Monaten ab Zugang der Anzeige, behoben hat. Nach dem Sinn und Zweck dieser Rügeobliegenheit des Mieters, soll der Vermieter in die Lage gesetzt werden, Mietzinsherabsetzungen, die ihm aus der Nichtbehebung entsprechender „Mängel“ des Mietobjektes drohen, abzuwenden. Saniert der Vermieter fristgerecht, wahrt er sohin den Anspruch auf den mit der höheren Kategorie verbundenen Mietzins.

Die sechsmonatige Frist zur gerichtlichen Geltendmachung bei befristeten Mietverträgen gemäß § 16 Absatz 8 MRG, die erst nach Ablauf der Befristung des Mietvertrages beginnt, steht somit in einem rechtlichen Spannungsverhältnis zur Rügepflicht des Mieters nach § 15a Absatz 2 Satz 3 MRG. Zur Lösung der Frage, ob der Mieter seiner Rügepflicht auch noch nach Beendigung eines befristeten Mietvertrages entsprechen kann, hatte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) in einer aktuellen Entscheidung vom 10.12.2020 (GZ: 5 Ob 146/20m) mit folgendem Sachverhalt zu befassen:

Die Mieter einer Wohnung mit einem auf drei Jahre befristeten Mietvertrag begehrten vom Vermieter bei der Schlichtungsstelle nach Beendigung ihres Mietverhältnisses, aber noch vor Ablauf der Sechsmonatsfrist des § 16 Absatz 8 Satz 2 MRG die Überprüfung der Angemessenheit des Hauptmietzinses und machten speziell das Fehlen einer eigenen Heizquelle im Badezimmer geltend. Den Umstand, dass das Bad nicht beheizbar war, hatten sie gegenüber ihrem Vermieter während des aufrechten Mietverhältnisses allerdings nie gerügt. Das Erstgericht gab den Mietern Recht, stellte fest, dass der angemessene Hauptmietzins überschritten worden sei und legte mangels eines dem zeitgemäßen Standard entsprechenden (beheizbaren) Badezimmers lediglich die Kategorie C für die Wohnung zugrunde. Nach Ansicht des Erstgerichtes liege das Fehlen eines Kategoriemerkmales vor, das nicht der Rügepflicht des Mieters nach § 15 Absatz 2 MRG unterliege. Das Rekursgericht sah darin zwar einen Rechtsirrtum des Erstgerichts, weil es grundsätzlich einer Rüge durch den Mieter bedürfe, gab den Mietern im Ergebnis aber wiederum Recht, weil im konkreten Fall zu berücksichtigen gewesen sei, dass für den Vermieter von Anfang an erkennbar war, dass er eine Wohnung ohne Heizmöglichkeit des Badezimmers vermiete. Das Fehlen einer Heizung im Badezimmer sei nach Ansicht des Rekursgerichts daher für den Vermieter evident gewesen, weshalb die fehlende Rüge seitens der Mieter im konkreten Fall unschädlich gewesen sei. Der Revisionsrekurs wurde zugelassen, weil die vom Rekursgericht vertretene Auffassung, entsprechend offenkundige Mängel bedürften keiner Rüge, jedenfalls im Widerspruch zum Wortlaut des § 15a Absatz 2 Satz 3 MRG steht, nachdem die Nichtbrauchbarkeit eines Ausstattungsmerkmals bzw. eine nicht zeitgemäße „Badegelegenheit“ vom Mieter (ohne ausdrücklich normierte Ausnahme) gegenüber dem Vermieter zu rügen ist.

 

Der OGH gab dem Rechtsmittel des Vermieters in diesem Punkt Folge und bejahte entgegen der Auffassung der Vorinstanzen schließlich eine Rügepflicht der Mieter, wobei die Rüge im konkreten Fall zudem verspätet gewesen sei. Der OGH stellte klar, dass ein an das Gericht bzw. die Schlichtungsstelle gestellter Antrag des Mieters auf Überprüfung des Hauptmietzinses, in dem konkret die Unbrauchbarkeit eines Ausstattungsmerkmales bzw. das Fehlen des zeitgemäßen Standards der Badegelegenheit geltend gemacht werde, nur dann als fristgemäße Rüge gegenüber dem Vermieter nach § 15a Absatz 2 Satz 3 MRG angesehen werden könne, wenn das Mietverhältnis zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht beendet war. Auch bei befristeten Mietverträgen entspreche ein Mieter seiner Rügeobliegenheit daher nur dann, wenn er die Rüge vor Beendigung des Mietvertrages erhebt und zwar so rechtzeitig, dass der Vermieter den Mangel noch vor Vertragsende beheben könne. Dazu benötige es aber keinen Antrag des Mieters bei Gericht oder der Schlichtungsstelle, zumal es zu einem solchen Verfahren gar nicht zwingend kommen müsse, sondern reiche auch eine formlose, das heißt auch nur mündliche erklärte Rüge des Mieters gegenüber dem Vermieter aus. Auf eine solche Rüge zu verzichten widerspreche jedoch dem (eingangs genannten) Sinn und Zweck der Rügeobliegenheit nach § 15a Absatz 2 Satz 3 MRG, und zwar nach Ansicht des OGH unabhängig davon, ob das Fehlen der Brauchbarkeit eines Ausstattungsmerkmales bzw. das Fehlen einer nicht zeitgemäßen Bademöglichkeit für den Vermieter bei Abschluss des Mietvertrages bereits offenkundig sein musste. In diesem Zusammenhang führt der OGH unter anderem den allgemeinen gewährleistungsrechtlichen Grundsatz ins Feld, nach dem die Behebung eines Mangels grundsätzlich Vorrang vor einer Preisminderung hat.

Nach der Entscheidung des OGH kommen Mieter mit einem befristeten Mietvertrag daher nicht umhin, eine Rüge nach § 15a Absatz 2 Satz 3 MRG rechtzeitig vor Ablauf ihres Mietvertrages gegenüber dem Vermieter zu erklären, wobei hierfür zu Beweiszwecken eine schriftliche Erklärung gegenüber dem Vermieter zu empfehlen ist.

Frank Reiser
November 2021

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