News

MIETRECHT

Aufrechnungsverbot im Mietvertrag

Darf man als Mieter Forderungen gegen den Vermieter aufrechnen? Und ist ein Vermieter immer als Unternehmer zu sehen?

Diese Fragen hatte erst kürzlich der Oberste Gerichtshof in seiner im August 2020 ergangenen Entscheidung (OGH 11.8.2020, 4 Ob 71/20z) zu beurteilen. Hintergrund war die Klage einer Vermieterin gegen einen Mieter auf Zahlung von ausständigen Mietzinsbeträgen. In der Vergangenheit hatte der Mieter (aus nicht näher dargelegten Gründen) € 2.300 zu viel an Mietzins bezahlt. Ab einem gewissen Zeitpunkt überwies der Mieter von Monat zu Monat weniger Mietzins als verlangt, weshalb die Vermieterin in der Folge die ausständigen Beträge einklagte. Die € 2.300, die sie zu viel erhalten hatte, hatte die Vermieterin aber noch nicht wieder an den Mieter rückerstattet. Die Vermieterin berief sich auf ein im Mietvertrag geregeltes Kompensationsverbot. Für den Mieter bestand kein Mietzinsrückstand: seiner Ansicht nach gelte die Vermieterin als Unternehmerin und komme das im Mietvertrag festgelegte Aufrechnungsverbot aufgrund der Bestimmung des § 6 Abs 1 Z 8 Konsumentenschutzgesetz („KSchG“) daher nicht zur Anwendung. Dass der Mieter als Verbraucher anzusehen ist, blieb unbestritten.

Grundsätzlich regelt § 6 Abs 1 Z 8 KSchG, dass Vertragsbestimmungen sittenwidrig (§ 879 ABGB) und damit nichtig sind, wenn durch diese das Recht des Verbrauchers, Verbindlichkeiten durch Aufrechnung mit Gegenforderungen aufzuheben, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird. Voraussetzung ist, dass diese Gegenforderungen mit der Verbindlichkeit des Verbrauchers in einem rechtlichen Zusammenhang stehen. Das erste Hauptstück des Konsumentenschutzgesetzes, dem die genannte Bestimmung zuzuordnen ist, gilt für Rechtsgeschäfte, an denen einerseits jemand, für den das Geschäft zum Betrieb seines Unternehmens gehört (Unternehmer), und andererseits jemand, für den dies nicht zutrifft (Verbraucher) beteiligt sind. Ein Vermieter wird nach der ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0065317) als Unternehmer im Sinne des KSchG qualifiziert, wenn dritte Personen (z.B. Hausbesorger) beschäftigt werden, eine Mehrzahl von dauernden Vertragspartnern (mehr als fünf Mietgegenstände) vorliegen, deshalb die Einschaltung von anderen Unternehmen erforderlich ist und längerfristige Vertragsbindungen bestehen.

Dass außerhalb des Geltungsbereiches der Bestimmung des § 6 Abs 1 Z 8 KSchG Aufrechnungen durch vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen werden können, ist unbestritten und nach der Judikatur anerkannt (RIS-Justiz RS0018102). Dies gilt auch zwischen zwei Unternehmern, solang der Unternehmer, der die den Aufrechnungsausschluss beinhaltenen Vertragsformblätter verwendet, keine marktbeherrschende Stellung einnimmt und der schwächere Vertragsteil unter mehreren möglichen Vertragspartnern wählen kann.

Im vorliegenden Fall hat das Höchstgericht entgegen der Ansicht der Vorinstanzen eine analoge Anwendung der Bestimmung des § 6 Abs 1 Z 8 KSchG aufgrund eines wirtschaftlichen Ungleichgewichts zwischen Vermieterin und Mieter ausgeschlossen. Sowohl Vermieterin als auch Mieter sind als Verbraucher anzusehen. Der Oberste Gerichtshof führte zwar aus, dass § 6 Abs 1 KSchG über Verbraucherverträge insoweit hinaus Bedeutung habe, als damit klar sei, welche Vertragsregelung der Gesetzgeber für ungültig erachtet, wenn ungleich starke Vertragspartner einander gegenüberstehen.

Nach Ansicht des OGH ergeben sich aus dem konkreten Sachverhalt keine Anhaltspunkte, die zu einer als erheblich angesehenen strukturellen Unterlegenheit des Mieters führen würden und diesen durch die Verwendung des Vertragsformblattes im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligen würden.  Außerdem sei die Tatsache, dass im Mietrechtsgesetz kein Kompensationsverbot normiert ist, ein Indiz dafür, dass mit der Regelung des § 6 Abs 1 Z 8 KSchG eben nur die Aufrechnung im Verhältnis Unternehmer und Verbraucher ausgeschlossen werden sollte.

Das im Mietvertrag enthaltene Aufrechnungsverbot sei daher rechtswirksam zustande gekommen, weil die Vermieterin nicht als Unternehmerin, sondern als Verbraucherin anzusehen war.

Fazit

In einem zwischen Verbrauchern abgeschlossenen Mietvertrag ist ein vereinbartes Aufrechnungsverbot für Gegenforderungen des Mieters gegen Mietzinsforderungen des Vermieters in der Regel zulässig. Besondere Aufmerksamkeit gilt daher auch bei der Verwendung von Vertragsmustern, ob sich unter den verwendeten Bestimmungen ein Aufrechnungsverbot befindet.

Für Fragen in diesem Zusammenhang oder allgemeine Beratung steht Ihnen unser Expertenteam gerne zur Verfügung.

Naomi Grill
November 2020

zurück